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Stefanie

Der Schatz im Puzzle


Es wäre sehr spannend, in genau der Millisekunde, wenn zwei Frauen aufeinandertreffen, in deren Gehirne reinzoomen zu können und sämtliche Abläufe, die in dieser kurzen Zeit bei beiden stattfinden, festzuhalten. Augenscheinlich treffen sich zwei Frauen, begegnen sich in einer Offenheit - zeitgleich jedoch haben schon unzählige Abcheckmanöver stattgefunden:

  • Wie sieht mein gegenüber aus?

  • Was für Kleidung trägt sie, wie sieht ihre Haut und ihre Grundausstrahlung aus?

  • Wie fühlt sich die Frau an?

  • Geht es ihr grundsätzlich besser als mir - ist sie glücklicher?

  • Kann ich mich überlegen oder unterlegen fühlen?

  • Warum glänzen ihre Haare viel mehr als meine?

  • Ob sie immer noch liiert oder single ist?

Die Liste kann endlos so weitergehen... wie wir als Frauen nur zu gut wissen.

Wenn wir mal ehrlich sind, passiert dies alles bewusst oder auch unbewusst, wenn wir einer anderen Frau oder sogar einer engen Freundin begegnen.

Wir missbrauchen als Frauen die Gabe, Dinge schnell und sehr detailliert wahrnehmen zu können, um nicht mit uns und damit der anderen Person verbunden zu sein. Stattdessen schleusen wir alles, was wir wahrnehmen, durch einen Bewertungsfilter und bringen bzw. halten uns darüber mit dem Außen in einer Abhängigkeit.


Warum schnüren wir uns - frei und selbst gewählt - in diese Zwangsjacke?


Meine Beobachtung und Erfahrung der letzten Jahre, meiner Selbst und auch der Anderen, hat mir gezeigt, wie sehr wir Frauen im Vergleich miteinander leben und uns darüber definieren.

Das Phänomen des sich besser Fühlens, wenn man durch das eigene Wertesystem als "besser" abschneidet oder sich vice versa nach einem Treffen schlecht fühlt, weil die andere Frau glücklicher erschien oder Eckdaten an den Tag gebracht hat, die man selbst so gerne in einer gelebten Realität in seinem Leben wüsste, ist fatal.


Durch den ständigen unbewussten Vergleich wurde mir im Leben klar, dass ich eigentlich nie wirklich zufrieden war mit dem, was ich hatte und wie anstrengend es war, "obenauf" zu sein. Und das zeigte sich in sämtlichen Bereichen meines Lebens, angefangen bei der Beziehung bis hin zum Job.

Mein Blick ging nicht erst nach innen, sondern alle Register wurden gezogen, um vom Außen das zu bekommen, was ich brauchte. Mir dessen bewusst zu werden, waren für mich die ersten Schritte, um mich aus diesem Hamsterrad zu lösen. Und auch wenn ich meine Mechanismen nicht direkt stoppen konnte, war eine Aufmerksamkeit da, die mich immer wieder unterstützt hat, mich um den Kern des Problems zu kümmern.

Der Kern ist, mich selbst wertzuschätzen und die damit einhergehende Qualität zu akzeptieren und anzunehmen, die nur ich auf diese Art und Weise in die Welt bringe, einfach weil sie gebraucht wird in dieser Welt. Ein Puzzle benötigt jedes Puzzlestück, da geht es nicht, dass einer die Form des anderen Puzzlestückes toller findet und deshalb sich selbst nicht einfügt, dann ergibt es am Ende kein ganzes Puzzle. Was für eine Verantwortung jedes einzelne Puzzlestück hat!

Ich hatte mich jedoch verloren: in einem mir selbst kreierten Gefängnis, das mehr als schmerzhaft war. Tatsächlich präsent und akut gefühlt habe ich diesen Schmerz so gut wie nie in meinem Leben, denn ich hatte immer genügend Vergleiche, bei denen ich gut wegkam und Bestätigungen, die den Schmerz deckelten.

Aber ist das der Weg und Sinn im Leben, sich dauerhaft über das Außen zu füllen, da man die Fülle in sich selbst nicht fühlt?

Für mich war das jedenfalls nicht mehr der Weg. Ich fühlte, trotz immer wiederkehrender "Hochs", diese dauerhafte Unfreiheit in und mit mir, nichts hatte wirklich eine echte Tiefe und eine Form von Sattheit, die blieb und eine Grundlage schuf.

Ich war quasi boden-los, alles was mir begegnete, fiel auf ein wackeliges Fundament, das sofort ins Schwanken geriet, sobald mir etwas entgegen gebracht wurde, was ich nicht kontrollieren oder definieren konnte.

Und dies ging Hand in Hand mit dem immer wiederkehrenden Drang, Aufmerksamkeit und Bestätigung zu bekommen und es wurden Situationen eingeleitet oder herbeigeführt, um dem Abhilfe zu schaffen, was aber auf Dauer nie wirklich den Effekt hatte, den ich eigentlich suchte. Im Gegenteil, ich isolierte mich mehr und mehr von den Menschen.

Den eigenen Reichtum nicht in sich zu fühlen, bzw. daran nicht anzudocken, bedeutet ja auch, dass man diesen dann nicht mit anderen teilt. Stattdessen lief ich als eine "Version" von mir in der Welt herum, was zum einen anstrengend war und mich zum anderen in einer Dauerspannung hielt, da ich nur damit beschäftigt war, mich auf eine Art und Weise anzupassen, um akzeptiert und anerkannt zu werden, bzw. unterschwellig das Spiel des "wer ist besser als der andere" zu spielen.

Ich hatte das Privileg, Frauen zu begegnen, die wahrhaftig in sich ruhten, die mir eine andere Reflexion offerierten, die mir zeigten, wie kraftvoll es ist, in sich zu ruhen und von da aus in der Welt zu agieren und DAS Puzzlestück zu sein, weil sie sich für sich entschieden hatten und niemandem damit gefallen wollten.

Da ging eine Kraft und Stärke, ein Selbstverständnis von ihnen aus, das für mich wahre Schönheit widerspiegelt.


Es gibt nichts, was so sexy ist, wie eine Frau, die zu sich steht, die keinem äußerlich kreierten Ideal entsprechen möchte, sondern ihre Qualitäten von Stille und Sanftheit in all ihrem Tun lebt.


Wir Frauen sind nicht von Natur aus taff, hart, Funktionsposten, das weibliche Abbild von Speedy Gonzales oder emotional labil!

Das heißt nicht, dass wir nicht dazu in der Lage sind, großartige Dinge zu erschaffen, die Frage ist mehr, in welcher Qualität machen wir es?

Beginnt eine Aktion aus dem Defizit heraus, nicht genug zu sein oder gehen wir direkt in einen zielorientierten Leistungs- und Funktionsmodus oder geht sie vom Grunde unseres Kernes aus – einer Transparenz, Verletzlichkeit, Sanftheit, Stille und Beobachtungsfähigkeit?


Fragilität und Verletzlichkeit sind mittlerweile wahre Stärken und Selbst-be-wusst-Sein für mich.

Ich sage bewusst 'mittlerweile', denn wie zuvor beschrieben, war ich eine absolute Meisterin darin, mich über das "Machen", Erfolge, Aussehen und durch Vergleich zu bewerten und anzuerkennen, eben nicht mich wertzuschätzen für das, was ich bin.

Wenn man das Wort Wertschätzung genauer anschaut, befindet sich ja das Wort SCHATZ darin. Genau den, meinen inneren Schatz, wie großartig ich bin, einfach nur, weil ich ICH bin, die Verbindung dazu hatte ich irgendwann selbst gekappt.

JA zu mir selbst und dem eigenen Selbstwert zu sagen, gepaart mit einer der schönsten Lovestorys, die man haben kann im Leben, nämlich die zu mir selbst, ist der Sinn des Lebens und für mich heute Lebensfreude pur.

Es ist ein Prozess, der niemals endet, der keine Perfektion aufweist und der sehr kindlich bis heute erforscht wird. Jeder Schritt hin zu diesem JA fragt, nach meinen eigenen Entscheidungen und nach der Wahrheit zu handeln, die ich selbst in mir trage und danach mich selbst immer wieder in den Arm zu nehmen und mir selbst das Verständnis und die Sanftheit entgegenzubringen, die ich mir auch von jedem anderen wünschen würde. Dies ist jedes Mal wieder ein weiterer Schritt zu MIR und damit auch zu allen Anderen.


Ein größeres Geschenk könnte ich mir und damit der Welt, dem großen Puzzle, nicht machen.


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